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Die Suche nach der Identität


„Guten Tag, ich habe Ihr gesamtes Sportgeschäft nach Deutschland-Fahnen abgesucht, aber leider keine gefunden“, sage ich zu der Verkäuferin. Die junge Frau hält mitten beim Einsortieren neuer Basketbälle inne und antwortet mit einem Lächeln: „Das ist auch ein Artikel, der nur zur Fußball WM und EM verkauft wird.“

„Verstehe. Danke“, erwidere ich schnell und verlasse das Geschäft.


Im nächsten Supermarkt versuche ich wieder mein Glück: „Hallo, bevor ich ihren Laden durchsuche, wollte ich fragen, ob Sie Deutschland-Fahnen in Ihrem Sortiment haben?“

„Verlassen Sie bitte den Laden!“, fordert mich der Angestellte auf. Der Mann müsste so um die fünfzig Jahre alt sein. Sein finster dreinblickendes Gesicht zeigt mir deutlich, dass er es ernst meint.

„Sie missverstehen da etwas“, versuche ich zu erklären. „Mein Studienfreund kommt aus den Vereinigten Staaten und sammelt Flaggen aus den Ländern, die er in Europa besucht. Ich möchte ihm ein Abschiedsgeschenk überreichen, bevor er in ein paar Tagen abreist.“

„Ich sagte, Sie sollen verschwinden!“, schreit mich der Mann an und zeigt mit ausgestrecktem Finger Richtung Ausgang. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen, gehe ich einfach nach draußen.


Schweigend gehe ich auch in vier andere Verkaufsgeschäfte rein und suche nach der Flagge, aber ohne Erfolg.

„Was ist hier bloß los? Warum finde ich meine eigene Nationalflagge nicht?“, frage ich mich und bekomme ein beunruhigendes Gefühl. Frustriert und genervt gebe ich meine Suche auf. Beim Vorbeigehen an der Strandpromenade bemerke ich einen kleinen Straßenstand mit Scherzartikeln, welches unter anderem auch unterschiedliche Länder-Fahnen anbietet. Ich bleibe stehen und sehe endlich das, wonach ich fast vergeblich gesucht habe.


„Hallo, dürfte ich bitte die kleine Deutschland-Fahne kaufen?“, frage ich den Verkäufer zögernd.

„Aberrr natürrrlich! Hierrr hast du!“, sagt der Mann mit südländischem Akzent und stellt mir sogleich eine Frage. “Bist du Deutscher?”

”Ähm, ja….”, die Worte kommen recht spät und unbeholfen über meine Lippen. Ich bin maximal verunsichert. Wird er mich gleich ebenfalls davonjagen?

”Dann krrriegst du zwei Flaggen zum Prrreis von einer, weil dein Heimatland“, lautet stattdessen sein Statement und ich atme erleichtert aus und werde mutiger.

„Vielen Dank, ich nehme das Angebot sehr gerne wahr. Dürfte ich fragen, aus welchem Land Sie stammen?“

„Türkiye!“, sagt der Verkäufer breitlächelnd.

„So viel Stolz, wie Sie dabei ausstrahlen, würde ich auch gerne empfinden dürfen“, stelle ich fest und nehme meinen Einkauf entgegen.

„Dann tu es doch einfach! Was hält dich davon ab?“, lautet das Gegenargument und in meinem tiefsten Inneren weiß ich, dass dieser Mann recht hat. Glücklich und zufrieden mache ich mich auf den Heimweg.

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